Freitag, 14. April 2017

Predigt am 13. April 2017 (Gründonnerstag, Tischabendmahl)

Am Abend kam Jesus mit den Zwölfen. Und als sie bei Tisch waren und aßen, sprach Jesus: „Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch, der mit mir isst, wird mich verraten.“ Da wurden sie traurig und sagten zu ihm, einer nach dem andern: „Bin ich’s?“ Er aber sprach zu ihnen: „Einer von den Zwölfen, der mit mir seinen Bissen in die Schüssel taucht. Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht; weh aber dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.
Und als sie aßen, nahm er das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: „Nehmet; das ist mein Leib.“ Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: „Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. Wahrlich, ich sage euch, dass ich nicht mehr trinken werde vom Gewächs des Weinstocks bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinke im Reich Gottes.
Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.
Markus 14, 17-26

Fleisch und Blut
Dreizehn Männer am Tisch.
(Und vielleicht waren ja doch auch Frauen dabei, wer weiß.)
Dreizehn Männer jedenfalls:
Mannsbilder, nicht zu übersehen: kräftige, zottelbärtige Typen.
Nicht zu überhören: das laute Durcheinander von Männerstimmen.
Und wohl auch zu riechen: Tagesschweiß und lange getragene Kleider; so war das damals (nur die Füße waren frisch gewaschen, immerhin).
Dreizehn Männer am Tisch.
Leibliche Präsenz.
Fleisch und Blut, Schweiß und Tränen.
Diese Mahlfeier war keine Heilige Kommunion in weißen Kleidchen und feinem Anzug, kein frommes Niederknien und ergebener Augenaufschlag.
Auch kein Händchenhalten am Tisch des Herrn. Und auch kein liebevoll gedeckter Tisch im Haus der Begegnung.Es war ein Essgelage von hungrigen Gesellen am Abend eines langen Tages.
Feierabend, dachten sie und feierten den Abend: den Abend des Passafestes.
Passa: das war frisch geschlachtetes Fleisch, und Blut an den Türpfosten, und Aufbruch bei Nacht – damals vor uralten Zeiten im feindlichen Ägypten.
Passa: das waren die Opfertiere, Fleisch und Blut im Tempel, Jahr für Jahr.
Passa: das war der Geruch von Kräutern und frischem Matzenbrot auf dem Tisch, von Wein in den Krügen und von gebratenem Lammfleisch.
Passa: Das war gemeinsam Singen und Beten über dem Essen, und Miteinanderreden und Fröhlichsein.
Dreizehn Männer aus Fleisch und Blut feiern Passa miteinander.
Menschenkinder und der Menschensohn.
Sie teilen Brot und Wein und Fleisch.
Sie teilen ihr Leben.
Sie waren gemeinsam unterwegs auf staubigen Straßen in Galiläa und Judäa und zuletzt in Jerusalem.
Unterwegs im Auftrag des Herrn.
In der Erwartung, dass etwas Neues beginnt:
die Revolution, das Gottesreich.
Nun sind sie gemeinsam hier.
Erwartung liegt in der Luft.
Und Angst und Unsicherheit.
Es riecht nach Schweiß und Tränen.
Nach Verrat.
Nach Abschied und Tod.
Und nach etwas unerhört Neuem:
Nach dem Reich Gottes.
Nichts wird mehr sein, wie es war.
Sagt Jesus.
Einer wird mich verraten.
Diese Gemeinschaft wird zerbrechen.
Der Menschensohn geht hin, wie von ihm geschrieben steht.
Mein Leib wird brechen – wie dieses Brot.
Mein Blut wird hingegeben – wie dieser Wein.
Und ich werde nicht mehr trinken vom Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt.
Aber ja, es kommt.
*
Blutvergießen
So wie überall haben sie Gottesdienst gefeiert am vergangenen Sonntag – Palmsonntag.
Männer, Frauen, Kinder in vollen Kirchen.
Und dann ist die Bombe explodiert.
Das Holz der Kirchenbänke splittert und fliegt durch den Kirchenraum.
Und Körperteile.
Überall Tote und schwer Verletzte.
Alles ist voll Blut.
Schreie, Panik, Angst, Gebete...
Und Menschen, die helfen, irgendwie, so gut sie können.
Fast gleichzeitig ähnliche Szenen vor einer anderen Kirche, auch in Ägypten.
Und zwei Tage später wieder ein Sprengkörper in einer Kirche, der Christen tötet.
7.100 ermordete Christen, 2.406 attackierte Kirchen allein im vergangenen Jahr – lese ich in einem aktuellen Artikel.
Die Christenverfolgungen der Antike werden schon lange in den Schatten gestellt von dem, was heute geschieht.
Sie bezahlen mit Leib und Leben.
Nur wofür?
Sie vergießen ihr Blut.
Sie werden geschlachtet wie die Schafe.
Geopfert – aber wofür?
Und wir sagen immer noch sie, wir reden von ihnen wie von Fremden.
Müssten wir nicht wir sagen?
Sind wir nicht ein Leib in Christus?
Warum geht es uns noch so wenig nahe, wenn man einen Teil von uns tötet?
Ist es nicht unser Blut, das da vergossen wird?
*
Christi Leib und Blut
Menschen von Fleisch und Blut essen und trinken und feiern miteinander.
Menschen geben ihren Leib und vergießen ihr Blut.
Weil sie dem vertrauen, weil sie auf den hoffen, der seinen Leib gegeben und sein Blut vergossen hat.
Und der mit ihnen gegessen und getrunken und gefeiert hat – noch in der Nacht, als er verraten wurde.
Das ist mein Leib.
Leib Christi: wo Menschenleiber zusammenkommen, schwitzig und laut und hungrig.
Leib Christi: wo Menschen Leib und Leben opfern.
Leib Christi: als er nackt und verlassen am Kreuz stirbt.

Und das ist mein Blut.
Menschenblut: darin das Leben.
Blutvoll, wenn Mensch und Mensch sich begegnen.
Blutig, wenn Mensch und Mensch sich verletzen und töten.
Christi Blut: am Kreuz vergossen.
Und in ägyptischen oder nigerianischen Kirchen.
Christi Blut: wenn wir zusammenkommen als Menschen aus Fleisch und Blut, miteinander essen und trinken und beten und feiern.
Blut des Bundes: Es verbindet uns.
Miteinander.
Mit den Lebenden und den Toten.
Mit dem Gekreuzigten und dem Auferstandenen.
Christi Leib, für dich gegeben. Christi Blut, für dich vergossen.

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