Freitag, 3. April 2015

Predigt am 3. April 2015 (Karfreitag)

Pilatus überantwortete Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber, und er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: „Jesus von Nazareth, der König der Juden.“ Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: „Schreib nicht: ,Der König der Juden‘, sondern dass er gesagt hat: ,Ich bin der König der Juden‘.“ Pilatus antwortete: „Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.“
Als aber die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch das Gewand. Das war aber ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. Da sprachen sie untereinander: „Lasst uns das nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll.“ So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt: „Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.“ Das taten die Soldaten.
Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: „Frau, siehe, das ist dein Sohn!“ Danach spricht er zu dem Jünger: „Siehe, das ist deine Mutter!“ Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: „Mich dürstet.“ Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und steckten ihn auf ein Ysoprohr und hielten es ihm an den Mund. Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: „Es ist vollbracht!“ und er neigte das Haupt und verschied.
Johannes 19, 16-30


Die Würfel sind gefallen.
Einer von den Soldaten hat gewonnen:
Jesu Gewand, ungenäht, von obenan gewebt in einem Stück.
Das Wertvollste, was Jesus hinterlassen hat,
wenn man wertvoll materiell versteht.
Noch ein paar Kleidungsstücke.
Das war’s.
Mehr bleibt nicht von ihm, der da nackt am Kreuz hängt.
Für sie bleibt nicht mehr.
Die Würfel waren schon gefallen, als Pilatus dem Drängen des Rates nachgegeben hatte: Kreuzige ihn!
Und als sie die Aufschrift am Kreuz monieren wollen – Jesus von Nazareth, König der Juden –, da gibt es keine Diskussion mehr: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
Die Würfel sind gefallen.


Gott würfelt nicht.
Hat Einstein gesagt.
Weil er nicht an Zufall glauben konnte.
Gott würfelt nicht.
Das wusste Jesus, als er ans Kreuz ging.
Als er am Kreuz hing.
Es war kein Zufall.
Keine Verkettung unglücklicher Umstände.
Das war der Plan.
Gottes Plan.
Jesus hatte sich darauf eingelassen.
Er wollte es so.
Und jetzt war es vollbracht.
Geschafft.
Vollendet.


Letzte Worte noch, damit mehr bleibt als ein paar Kleidungsstücke.
Vier Soldaten würfeln um sein Gewand.
Vier Frauen stehen nahe bei ihm.
Stehen ihm bei.
Weil sie ihm nahe stehen.
Seine Mutter.
Seine Tante.
Noch eine Bekannte.
Und Maria Magdalena, die Jüngerin, die ihn liebte.
Sie stehen.
Weinen.
Finden keine Worte.
Halten sich gegenseitig.
Es ist schlimm.
Und es ist auch gut:
Ihm beizustehen.
Sich aneinander festzuhalten.
Seine letzten Worte zu hören.
Ihr sollt nicht allein stehen.
Vor allem nicht die Mutter, die ihren Sohn verliert.
Ein Sohn ist unersetzbar.
Aber sie soll wenigstens nicht ganz allein stehen:
Frau, da ist dein Sohn.
Freund, da ist deine Mutter.
Und er, der Jünger, den Jesus liebte, er nimmt sie auf und sorgt für sie.
Für die andere, die ihn liebte, für die wird er selber sorgen.
Sie weiß es noch nicht.
Aber sie wird die erste sein, die ihn wiedersieht.
Am Übermorgen.


Jetzt ist es vollbracht.
Mich dürstet.
Ein letztes Mal die Lippen netzen.
Und dann ist es zu Ende.
Geschafft.
Vollendet.


Das Sterben Jesu ist schlimm.
Und es ist auch gut.
Good Friday, wie unsere englischen Freunde sagen.


Bei alten Filmen erschien auf der Leinwand groß das Wort ENDE.
ENDE – nicht: SCHLUSS.
Denn die Geschichte, die erzählt wurde, war hier zu Ende.
Oft glücklich: Happy End.
Manchmal auch tragisch: mit dem Tod des Helden.
Auf der Leinwand steht ENDE, und wir wissen:
nach dem ENDE ist nicht SCHLUSS.
Es geht weiter.
Wer sagt uns, dass die, die sich glücklich in den Armen liegen, für immer so glücklich bleiben werden?
Wer sagt uns, dass die tragisch Gescheiterten nicht einen neuen Weg ins Glück finden werden?
Wer sagt uns, dass der tote Held nicht als Sieger zurückkehren wird?


Die Geschichte Jesu ist vollendet.
Wir haben die letzten Szenen gesehen.
Es ist vollbracht.
Geschafft.
Vollendet.
Auf der Leinwand steht nicht SCHLUSS, sondern ENDE.

Und dann noch, als schon alle gehen wollen:
Wird fortgesetzt.
Am Übermorgen.

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