Mittwoch, 24. Dezember 2014

Predigt am 24. Dezember 2014 (Heiligabend)

Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Lukas 2, 7


Weihnachtskrippe in der Kirche San Eugenio


Ein paar Bretter von alten Paletten, zurechtgesägt, neu zusammengesetzt – und schon war sie fertig, unsere neue Krippe.
Jedes Jahr musste ich Weihnachten an unsere Kirchen in Sachsen denken, wo es immer für Weihnachten auch eine Krippe gab. Wenn das Krippenspiel bei der Geburt Jesu angekommen war, zündete die jeweilige Maria die Kerze in der Krippe an: Jesus, das Licht der Welt, hatte das Licht der Welt erblickt. An den Weihnachtsfeiertagen, bis Epiphanias, stand dann die Krippe mit der Kerze immer noch in der Kirche. Das fand ich schön. Und hier habe ich es vermisst.
Wir haben hier kein Krippenspiel. (Vielleicht sollte ich ja nächstes Jahr mal ein Seniorenkrippenspiel einstudieren.) Aber in diesem Jahr haben wir eine Krippe. Vor ein paar Tagen ist es mir wieder eingefallen, und ich habe Uwe gefragt, ob er uns nicht eine Krippe bauen könnte. Ja, hat er gesagt, und ein paar Bretter von alten Paletten zurechtgesägt und neu zusammegesetzt – und schon war sie fertig, unsere neue Krippe.
Sie ist nicht perfekt; nicht auf den Millimeter ausgemessen, nicht mit Zapfen oder Dübeln verbunden, nicht glatt gehobelt. Einfach nur zusammengesetzt, so dass man Viehfutter reintun könnte und ein Ochse oder Esel daraus fressen könnte.
Denn dazu war sie ja damals auch gedacht, die Krippe, in die sie den kleinen Jesus reingelegt haben.
Das war eben keine Kinderkrippe, sondern eine Futterkrippe.
Aber sie hatten nichts anderes.
Was sie hatten, war ein Dach über dem Kopf in einem Viehstall.
Ein paar Tücher, in die sie das Kind einwickelten, wie man das eben machte. (Vielleicht müssen wir der jüngeren Generation bald erklären, dass mit Windeln keine Pampers gemeint sind.)
Ein bisschen Wasser werden sie gehabt haben; und sicher auch was zu essen.
Die Wärme von den Tieren, falls die denn wirklich in der Stallhöhle anwesend waren, als Jesus zur Welt kam.
Und die Futterkrippe als Ersatz für eine Kinderwiege.
Als das Gotteskind zur Welt kam, waren die Umstände denkbar schlecht. Dafür steht heute symbolisch diese Krippe. Eine Futterkrippe – und sie ist doch zur Kinderkrippe geworden.
Und das Kind in der Krippe – es ist groß geworden. Zwar in der Fremde geboren, zwar schon als Baby auf der Flucht, zwar in einfachen Verhältnissen. Aber es ist groß geworden. Ganz groß.
Damals war alles anders als bei uns heute.
Heute muss erst alles stimmen, bis Eltern ein Kind in die Welt setzen. Ohne abgeschlossene Ausbildung, ohne Wohnung und Kinderzimmer und ohne Krippenplatz geht da nichts. Und trotzdem fragen sich Eltern voller Sorge, ob sie das alles schaffen werden und ob auch ja alles so ist, dass das Kind gut aufwachsen kann.
Damals war alles anders. Alles provisorisch. Alles ärmlich. Alles unsicher. Und für das Kind gab’s nur die Futterkrippe.
Gott sei Dank, hat Gott nicht gewartet, bis alles perfekt war!
Gott sei Dank, hat Gott sich nicht eine heile Familie von heute ausgesucht, die Eltern mit abgeschlossener Ausbildung, eingerichtetem Kinderzimmer und vorbestelltem Krippenplatz, um so zur Welt zu kommen! – Wahrscheinlich hätten wir es nicht mal gemerkt, wenn Gott so zur Welt gekommen wäre.
Nein, Gott ist genau dorthin gegangen, wo die Eltern eines Kindes nicht mal wussten, wo sie es zur Welt bringen sollen, und wo es nichts als eine schäbige Futterkrippe gab, um es da hineinzulegen.
Gott hat sich auf das Provisorische, das Einfache, Arme und Unvollkommene eingelassen.
Und genau das ist der eigentliche Sinn von Weihnachten:
Gott kommt nicht dorthin, wo alles schon perfekt ist. Was sollte er da; dort wird er ja nicht mehr gebraucht!
Gott kommt dahin, wo es ungehobelt, provisorisch, einfach und arm zugeht.
Gott kommt zu den Flüchtlingen und Heimatlosen – wie Maria und Josef.
Gott kommt zu den Armen und Schlichten – wie den Hirten auf dem Felde.
Gott kommt zu den Suchenden – wie den Weisen aus dem Osten.
Gott kommt zu mir:
der ich nicht richtig gesund bin;
der nicht alles im Leben erreicht hat, was er wollte;
dessen Ehe und Familie zerbrochen ist.
Gott kommt zu mir:
der nicht auf alle Fragen die richtige Antwort weiß;
der mehr an sich selbst denkt als an alle anderen;
der manchmal gar nicht weiß, ob es diesen Gott überhaupt gibt.
Gott kommt zu allen, deren Leben so unvollkommen und provisorisch aussieht wie diese Krippe.
Er legt sich da hinein – in unser Leben.
Und dann ist er da, bei uns: Als Kind, ganz sanft, ganz friedlich, ganz Licht.
Er ist da bei uns, und alles ist gut.
Nicht perfekt, aber gut.

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