Sonntag, 7. September 2014

Predigt am 7. September 2014 (12. Sonntag nach Trinitatis)

Der Apostel schreibt: Wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Ich nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird’s klar machen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.
1. Korinther 3, 9-15


Liebe Schwestern und Brüder,
in diesen Sommermonaten habe ich wieder viele verschiedene Kirchen von innen und außen gesehen.
Den Berliner Dom zum Beispiel: sehr gewaltig, sehr bombastisch, eine riesige Kuppel, Marmorsäulen, edle Hölzer, Gold und Silber; darin ein Fernsehgottesdienst mit zwei Dompfarrern und einer Predigt des Ratsvorsitzenden; der Bundespräsident war zugegen; die Kirchenmusik mit Dombläsern und Solobariton war exquisit. Und doch wirkte alles distanziert und hat mich wenig berührt.
Ich habe einen Konfirmationsgottesdienst mitgefeiert in einer winzigen Dorfkirche zwischen uralten Steinmauern, achthundert oder tausend Jahre alt. Zwei Konfirmanden waren es, ihre Familien und Freunde waren da, Kirchenälteste und ein zusammengewürfeltes Familienorchester, die Solistin war die Schwester des Konfirmanden, man konnte sich kaum noch bewegen in dem kleinen Kirchlein. Und alles war sehr persönlich und sehr ergreifend.
Dann noch eine Kirche mit Konfirmationsgottesdienst, auch schön und doch wieder ganz anders, in einer neogotischen Kleinstadtkirche in Sachsen.
Wir haben die Kathedrale von Pamplona besucht, voller Geschichte und christlicher Kunst. Da hat mich einmal mehr der Reichtum der katholischen Tradition überwältigt. Dieses Gefühl kannte ich schon von den Kathedralen in Barcelona. Jahrhunderte des Glanzes und der Machtentfaltung der Kirche und darin doch gerade auch der Geist frommer Hingabe an einen Mächtigeren.
Und dann feiern wir wieder hier in diesem schlichten, leicht runtergekommen Kirchlein aus dem späten zwanzigsten Jahrhundert. Ein ökumenisches Kirchlein mit der katholischen Maria, der anglikanischen Osterkerze und der deutschen Orgel. Und mit dem Gekreuzigten, der uns alle verbindet.
Kirchen können so unterschiedlich aussehen. Aber immer sind es christliche Kirchen, wenn darin von Gott und zu Gott gesprochen wird. Und wenn Christus seinen Platz darin hat.
Einen andern Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
*
Kirchen können so unterschiedlich aussehen, weil Christen so unterschiedlich sind. Es gibt evangelische und katholische Kirchen, orthodoxe und anglikanische, baptistische und methodistische, Herrnhuter Gemeinden und Pfingstkirchen. Kirchen nicht nur als Gebäude, sondern als Gemeinschaft derer, die in die Gebäude hineingehen, um Gott zu feiern und Jesus und den Heiligen Geist. Oder auch noch Maria und die Heiligen, je nachdem.
Und innerhalb der einzelnen Kirchen gibt es wiederum so viele verschiedene Christen: liberale und konservative, fromme und weltoffene, solche, die lieber praktisch was tun, andere, die lieber zuhören und beten.
Sie alle nennen sich Christen. Sie alle berufen sich auf Christus. Sie alle bauen ihren Glauben auf ihn.
Einen andern Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
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Worauf wir bauen, das ist grundlegend. Im wahrsten Sinne des Wortes. Es geht um die Fundamente.
Es beginnt immer mit dem Fundament. Wir bauen von unten nach oben. Und wenn das Fundament nichts taugt, nützt das schönste Gebäude nichts, das wir darauf errichten. Wenn das Fundament nicht trägt, bekommt es mit der Zeit Risse und fällt vielleicht sogar in sich zusammen. Das ist schlimm.
Wenn das Fundament gut ist, dann kann man durchaus Unterschiedliches darauf bauen. Beim Berliner Dom oder auch bei der Kathedrale von Pamplona ist auf ältere Fundamente neu gebaut worden, nachdem ältere Kirchen darüber abgebrannt, abgetragen oder gar nicht erst erbaut worden waren.
Ich sehe das als ein Bild für die Geschichte der christlichen Kirchen und Gemeinden:
Einen andern Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
Auf diesen Grund haben sie gebaut: Petrus und Paulus; die Kirchenväter der ersten Jahrhunderte; die Päpste und Mönche des Mittelalters; die Reformatoren: Luther und Melanchthon, Zwingli und Calvin; die Väter des Pietismus: Spener und Francke; Graf Zinzendorf, der Gründer der Herrnhuter Brüdergemeinde, und John Wesley, der Vater des Methodismus, und viele, viele andere, die für unser eigenes Glaubensgebäude mehr oder weniger wichtig geworden sind.
Sie haben Unterschiedliches gebaut: Nicht alles hatte Bestand. Nicht jedes Baumaterial war gut.
Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden.
Wir bauen Kirche mit unterschiedlichem Material. Holz verrottet mit der Zeit oder wird von Würmern zerfressen. Strohdächer müssen regelmäßig erneuert werden. Gold, Silber und Edelsteine verbreiten Glanz; aber sie taugen nur als Schmuckelemente, nicht für tragende Säulen, Mauern und Gewölbe.
Nicht alles, was Kirche ist, nicht alles, was unter dem Namen des Christentums geschieht, nicht alles, was zu unserem Glaubensgebäude gehört, ist gut und notwendig und haltbar für die Ewigkeit. Vieles wird vergehen, verrotten, verbrennen. Manches müssen wir von Zeit zu Zeit neu aufbauen. Was bleibt ist das Fundament:
Einen andern Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.
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Das Fundament ist entscheidend.
Sind wir also Fundamentalisten?
Nein, gerade nicht. Weil wir es sehen und hinnehmen, dass man auf ein und dasselbe Fundament durchaus verschieden bauen kann.
Fundamentalisten, das sind die, die das ganze Gebäude für das Fundament halten. Die alles gleich wichtig finden. Die sich über ein falsches Steinchen an der falschen Stelle aufregen. Die sagen, in einer Kirche mit Strohdach oder mit Goldverzierungen, je nachdem, könnten sie keine Christen sein.
Paulus sagt: Wenn das richtige Fundament gelegt ist, kann der Bau durchaus unterschiedlich aussehen. Jeder baut, so gut er es versteht und kann. Manches hat keinen Bestand, manches wird verbrennen oder verfallen. So ist das halt, wenn unvollkommene Menschen am Werk Gottes mitarbeiten.
Entscheidend ist, dass es Gottes Bau bleibt, errichtet auf dem Fundament, das da Jesus Christus heißt.
*
Was bleibt? Was wird Bestand haben, von dem, was wir bauen?
Das wichtigste und beständigste Baumaterial hat Paulus vergessen aufzuzählen: Stein, einfacher Stein.
Gold und Silber schmilzt, Edelsteine werden geraubt, Holz, Heu und Stroh verbrennen. Stein hält.
Kirche bauen, Gemeinde bauen, unseren Glauben bauen – das tun wir am besten, indem wir weder das Extravagante noch das Billige bevorzugen, sondern einfach das ganz Solide. Bauen mit Stein. Mühevoll, aber haltbar.
Hauptsache, wir bauen nicht neben den Baugrund, den Gott uns ein für allemal gewiesen hat:
Einen andern Grund kann niemand legen, als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.

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