Sonntag, 2. März 2014

Predigt am 2. März 2014 (Sonntag Estomihi)

So spricht Gott zum Propheten: „Rufe getrost, halte nicht an dich! Erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk seine Abtrünnigkeit und dem Hause Jakob seine Sünden! Sie suchen mich täglich und begehren meine Wege zu wissen, als wären sie ein Volk, das die Gerechtigkeit schon getan und das Recht seines Gottes nicht verlassen hätte. Sie fordern von mir Recht, sie begehren, dass Gott sich nahe. »Warum fasten wir und du siehst es nicht an? Warum kasteien wir unseren Leib und du willst's nicht wissen?« Siehe, an dem Tag, da ihr fastet, geht ihr doch euren Geschäften nach und bedrückt alle eure Arbeiter. Siehe, wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein. Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut, wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll. Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit, wenn ein Mensch seinen Kopf hängen lässt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet? Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der HERR Wohlgefallen hat? Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg! Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.“
Jesaja 58, 1-9a

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
Karneval ist g’rade wieder,
Fast-Nacht sagen manche auch;
das erinnert an den Brauch,
nach den tollen Faschingstagen
der Lebenslust Adios zu sagen.
Heut leben wir in Saus und Braus
und lassen unsre Sau heraus;
Aschermittwoch ist’s vorbei
mit Völl-, Sauf- und Sau-erei.
Dann beginnt die Fastenzeit
und wir machen uns bereit,
in Sack und Asche auszugehen
und recht traurig auszusehen.
Streun uns Asche auf das Haupt,
damit es ein jeder glaubt,
dass uns unsre Sünde reut
und das Leben nicht mehr freut.
Da wird ein Schalter umgelegt,
dass sich keine Lust mehr regt
auf das Leben, auf das Lieben. –
Nein, das ist wohl übertrieben.
Wir tun EVANGELISCH fasten;
es darf uns nicht zu sehr belasten:
Zwei Stück Torte statt sonst drei,
eine Flasche statt sonst zwei;
keine Zigaretten mehr,
Schokolade um so mehr.
(Oder wenn das leichter geht:
Mach es einfach umgedreht!)
Für viele heißt der Fastenzweck:
Weg mit meinem Winterspeck!
Kennt ihr noch den Helmut Kohl?
Jedes Frühjahr hat er wohl
eine Fastenkur gemacht
und ein paar Pfunde weggebracht.
Doch jedes Jahr im Februar,
verglichen mit dem letzten Jahr,
da waren noch mehr Pfunde da:
Das Fasten wirkte wunderbar.
Manchmal frage ich mich schon:
Was ist der Sinn dieser Aktion?
Meinst du, dass du Gott gefällst,
wenn du dein Gewicht behältst?
Oder andern imponierst,
wenn du gar Gewicht verlierst?
Zeigst du dir selber, dass du stark bist,
wenn du nur noch Magerquark isst?
Dieses Fasten – merkst du’s nich? –
dreht sich immer nur um dich:
DU willst gern gesünder leben.
DU willst andern Beispiel geben.
DU willst dem lieben Gott gefallen
und den andern Menschen allen.
Fasten, das heißt zwar Verzicht,
aber doch noch lange nicht,
dass man dabei Miese macht;
nein, das wäre ja gelacht:
Man will ja auch aus Fastentagen
schließlich seinen Nutzen schlagen.
So ist es nicht nur bei uns heut,
so war es schon in alter Zeit:
In Juda und Jerusalem,
in Benjamin und Bethlehem.
Das Fasten war dort ihre Masche:
Auf jedem Kopf ein Krümel Asche.
Sie aßen nicht, sie tranken wenig,
vom Bettler bis hinauf zum König.
Sie meinten: Das gefällt dem Herrn,
das sieht er doch besonders gern,
wenn wir uns solche Mühe geben,
in Leiden und Verzicht zu leben.
Wenn wir dazu noch täglich beten
und allerlei Erwecktes reden,
dann tut Gott auch, was UNS gefällt,
schickt uns nur Gutes in die Welt,
beschert uns Frieden, Freude, Glück,
bewahrt vor jedem Missgeschick,
schenkt uns gesundes langes Leben,
weil wir so toll und fromm sind – eben!
Wir haben auf so viel verzichtet
und manches gute Werk verrichtet,
da muss uns Gott auch Gutes geben,
weil wir so toll und fromm sind – eben!
Man will ja auch aus Fastentagen
schließlich seinen Nutzen schlagen.
Doch leider merkten sie sehr bald: Das alles lässt den Herrgott kalt.
Wer fastet, der hat nicht mehr Glück
und auch nicht wen’ger Missgeschick,
er ist vor Krankheit nicht gefeit,
vor Sorgen nicht und nicht vor Leid.
Und auch die täglich zu Gott beten
und allerlei Erwecktes reden,
die werden dafür nicht belohnt,
bleiben vor Bösem nicht verschont.
Nun fühl’n sie sich von Gott verraten,
der trotz all ihrer guten Taten
sie nicht besonders für belohnt
und sie vor Bösem nicht verschont.
Doch schickt Gott ihnen den Propheten,
der sagt: Gott muss mal mit euch reden.
Ihr seht die Dinge nicht ganz richtig.
Gott sind ganz andre Sachen wichtig
als eure ganze Fastenmasche
mit Hungern und mit Sack und Asche,
mit Beten und mit frommen Phrasen –
das alles könnt ihr bleiben lassen.
Ist denn das Fasten dafür gut,
dass ihr euch selbst was Gutes tut?
Dass ihr eure Gesundheit schont
und Gott euch dann dafür belohnt?
Dass ihr besonders fromm ausseht
und dann im Himmel gut da steht?
Wenn ihr gern fasten wollt, dann richtig,
und dabei ist es gar nicht wichtig,
dass ihr euch damit profiliert
und selber davon profitiert.
Beim Fasten liegt das Hauptgewicht
ja selbstverständlich auf Verzicht.
Doch lerne richtig zu verzichten und den Verzicht recht zu gewichten.
Verzichte nicht auf deine Torte,
verzichte auf die bösen Worte.
Verzichte nicht auf deinen Braten,
verzichte auf die bösen Taten.
Verzichte nicht auf deinen Wein,
verzichte auf den frommen Schein.
Verzichte ja nicht auf dein Lachen,
denn damit kannst du Freude machen.
Verzichte nicht auf den Humor.
Verzichte nicht aufs offne Ohr.
Verzichte nicht auf Freundlichkeit,
nimm dir für andre Menschen Zeit.
Verzichte auf das Besserwissen
und Seinen-Senf-zu-geben-Müssen.
Verzichte ja nicht auf die Liebe,
denn wenn uns nichts als Liebe bliebe,
dann hätten wir, was einzig zählt
und was dem lieben Gott gefällt.
Ob Fastnacht oder Fastenzeit,
Gott will gewiss nicht unser Leid,
er gönnt uns unsre Lebenslust, er möchte keinen Lebensfrust.
Er möchte, dass wir Liebe leben
und dass wir Gutes weitergeben.
Wenn wir in diesem Sinne fasten,
wird uns das Fasten nicht belasten.
Lasst uns in Gottes Frieden gehen,
der höher ist, als wir verstehen;
er ziehe unser Herz und Sinn allzeit zu Jesus Christus hin.

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